GESCHICHTE

Die Festung Groß Friedrichsburg

1682 gründete der Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688) im Süd-Westen Ghanas (ehemals Goldküste) die Kolonie Groß Friedrichsburg, um in das Geschäft des Gold- und Menschenhandel einzusteigen. Die Brandenburgisch-Afrikanischen Companie (BAC) wurde gegründet, um die Seeflotte auszubauen und die internationale Machtstellung zu festigen. Mit Hilfe von Kolonien und den Gewinnen aus dem Handel von Menschen und wertvollen Rohstoffen wurden die Investitionen finanziert. Neben der Dorotheenschanze und der Sophie-Louise-Schanze wurde das Fort Großfriedrichsburg nahe des Kaps der drei Spitzen erbaut: ein Ort, der zu einem zentralen Umschlagsplatz des europäischen Versklavungshandel werden würde. Viele Menschen verstarben auf Grund der unmenschlichen Zustände schon vor der Überfahrt in den Verließen der Festung, wurden bei der Gefangennahme ermordet oder erlagen den Strapazen der langen Fußmärsche. Die meisten von ihnen wurden in die Karibik verschleppt und dort zur Schwerstarbeit auf den Plantagen gezwungen. Auf St. Thomas pachteten die Brandenburger einen Teil der Insel von den Dänen und gestalteten Abkommen, um vom lukrativen Geschäft des Menschenhandels an der Goldküste und dem Fang von Menschen an der sich  weiter westlich befindlichen Versklavungsküste zu profitieren.
1717 wurden die brandenburgischen Besitztümer am Kap der drei Spitzen an die Niederländer (Niederländische Westindien-Kompanie) verkauft, die nach mehreren Kämpfen mit dem ansässigen König Nana Konneh, die Festung einnahmen und ihr den Namen "Fort Hollandia" gaben.

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Das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms

Das "Reiterstandbild des Großen Kürfürsten" wurde 1696 - 1700 errichtet und 1703 auf der Langen Brücke am Berliner Schloss aufgestellt. Während des zweiten Weltkriegs, wurde das Denkmal aus Angst vor Beschädigungen durch Luftangriffe nach Ketzin/Havel transportiert und versank nach dem Krieg bei seinem Rücktransport im Tegeler See. Nach der Teilung Berlins entschloss sich der West-Berliner Senat, das Denkmal nicht zurückzuführen, sondern "provisiorisch" auf dem Ehrenhof des Charlottenburger-Schlosses zu errichten, auf dem es sich bis heute befindet.
Angesichts des geschichtlichen Hintergrundes im Kontext des brandenburgischen Versklavungshandels, erwecken die vier angeketteten Menschen, die sich am Fuße des Barocken Reiterdenkmals befinden, bei vielen Menschen eine Irritation oder ein schmerzhaftes Empfinden, insbesondere beim Reflektieren der bekannten historischen Ereignisse. Der gesellschaftliche Mehrwert von Denkmälern, die ein derartiges Narrativ erzählen, wird aktuell in Deutschland von Aktivist*innen, Institutionen und Organisationen intensiv diskutiert und hinterfragt. 

Die künstlerische Intervention

Die SPSG (Stiftung preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg) arbeitet unter der Generaldirektion von Prof Dr. Christoph Martin Vogtherr seit mehreren Jahren verstärkt an der Aufarbeitung, der in ihrer Obhut befindlichen, brandenburgisch-preußischen Kulturgüter und deren Inszenierung.

In der Sonderausstellung „Schlösser. Preußen. Kolonial. Biografien und Sammlungen im Fokus“, die im Rahmen des SPSG-Themenjahres „Churfürst – Kaiser – Kolonien“ vom 4. Juli bis zum 31. Oktober 2023 im Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg in Berlin gezeigt wird, befasst sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) umfassend mit kolonialen Bezügen in ihren Schlössern, Gärten und Sammlungen.

Das Reiterstandbild des „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), im Ehrenhof des Schlosses, wird für die Dauer der Ausstellung durch eine zeitgenössische künstlerische Intervention kommentiert. Dafür hat die SPSG im August 2022 einen internationalen Kunstwettbewerb ausgelobt, den Nando Nkrumah mit seinem Beitrag „OUR STORY” durch das Votum einer fünfköpfigen Jury (Dr. Ibou C. Diop, Julia Hagenberg, Dr. Natasha A. Kelly, Lerato Shadi und Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr) gewonnen hat. Der Künstler schafft mit physischen und digitalen Objekten, neue Strukturen, um für ein nachhaltiges Empowerment und einen Dialog auf Augenhöhe, am gesellschaftlichen Diskurs teilzuhaben.

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Die Festung liegt an der Küste des Ahanta West Districts im Westen Ghanas, westlich von Sekondi-Takoradi und nahe des Kap der drei Spitzen. Im Nordwesten der Festung, unterhalb des Berges Manfro Hill, auf dem die Festung erbaut wurde, liegt die Stadt Princes Town.

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Auf Grund der Kämpfe zwischen Nana Konneh und den Niederländern und dem Jahrhunderte langem Verfall ist heute nur noch etwa die Hälfte der Anlage erhalten. 

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Bis zu 200 Personen wurden auf engstem Raum und ohne Sanitäreinrichtungen bis zu 3 Monaten gefangen gehalten.
Im Massengrab, vor den Mauern des Forts und hinter der "Tür-ohne-Wiederkehr", wurden unzählige Menschen verscharrt, die die kritischen Umstände der Gefangenschaft nicht überlebten.

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In der Bucht warteten die verschleppten Menschen unter strenger Bewachung, um mit kleineren Booten auf die großen Fregatten transportiert zu werden. Sie wurden dann überwiegend nach St. Thomas (von den Brandenburgern für den Menschenhandel gepachteter Inselteil) oder in die brandenburgische Kolonie Arguin (Insel vor Mauretanien) verschleppt.

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In der zweigeschössigen Kirche wurde sonntags Gottesdienst gefeiert, während die gefangenen Menschen nebenan im Verließ um ihr Überleben kämpften. Einheimische verbündete "Mittelsmänner" durften im Nebenraum des Kirchensaals Platz nehmen.

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Aus der Kirche hat man einen direkten Blick zum Eingang des Verließes.

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Drei kleine Deckenöffnungen wurden als Luft- und Nahrungszufuhr genutzt, durch die zweimal täglich Nahrung von oben herabgelassen wurden.

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